vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit

Rote Karte für den Gelben Schein
Maßnahmen des Arbeitgebers bei vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers.

Auch wenn der Krankenstand in Deutschland statistisch gesehen gesunken ist, gibt es immer wieder Fälle, in denen der Arbeitgeber misstrauisch wird, wenn sich ein Arbeitnehmer krank meldet und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung seines Arztes (Gelber Schein) vorlegt. Wenn der Arbeitnehmer beispielsweise auffällig häufig vor und nach Feiertagen und Wochenenden fehlt, oder wenn er zunächst Erholungsurlaub beantragt hatte, der ihm aus betrieblichen Gründen jedoch nicht gewährt werden konnte, und dann ein gelber Schein kommt, fragt sich der Arbeitgeber, wie er in solchen Fällen reagieren kann.

Wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht, in Wirklichkeit also gar nicht krank ist, kann der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung einstellen. Zudem kann er das Arbeitsverhältnis ohne Abmahnung fristlos kündigen, denn eine solche Vortäuschung wertet das Bundesarbeitsgericht (BAG) als „Erschleichen der Lohnfortzahlung“ und somit als Betrug (Urteil vom 26. August 1993, Az.: 2 AZR 154/93).

Diese Maßnahmen sollte der Arbeitgeber aber nur ergreifen, wenn er konkrete Tatsachen vorbringen kann, die zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit Anlass geben. Da die Art der Krankheit nicht auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angegeben ist und der Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, diese zu offenbaren, wird der Arbeitgeber die Krankheit in aller Regel nicht kennen. Wenn er die Krankheit aber nicht kennt, wird er auch nichts dazu sagen können, ob tatsächlich eine Krankheit vorliegt bzw. ob die Krankheit tatsächlich dazu führt, dass der Arbeitnehmer seine konkrete Tätigkeit am Arbeitsplatz nicht mehr ausüben kann.

Die Rechtsprechung lässt es deshalb ausreichen, wenn der Arbeitgeber handfeste Indizien vortragen kann, die den Beweiswert des gelben Scheins erschüttern.

Ein solches Indiz liegt beispielsweise vor, wenn der Arzt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohne eigene Untersuchung ausstellt, oder wenn der Arbeitnehmer vorher ankündigt hatte, krank zu feiern. Indiz ist auch, wenn sich der Arbeitnehmer der vertrauensärztlichen Untersuchung oder der Untersuchung durch den Medizinischen Dienst seiner Krankenkasse entzieht, oder wenn er körperliche Tätigkeiten ausführt, die mit einer Erkrankung gemeinhin nicht in Einklang zu bringen sind, wie z.B. Bauarbeiten oder strapaziöse sportliche Betätigungen.

Der Arbeitgeber hat die Indizien, die gegen eine Arbeitsunfähigkeit sprechen, zu beweisen. Typischerweise bedienen sich Arbeitgeber in begründeten Fällen der Hilfe eines Privatdetektivs, der seine Beobachtungen dokumentiert und vor Gericht als Zeuge zur Verfügung steht. Ergibt die Observierung, dass der Verdacht begründet war, so kann der Arbeitgeber vom Mitarbeiter sogar die notwendigen Kosten des Detektivs ersetzt verlangen (BAG, Urteil vom 17.09.1998, Az.: 8 AZR 5/97).
Der Beweiswert eines gelben Scheins ist aber nicht schon dann erschüttert, wenn der Arbeitnehmer wiederholt nicht zu Hause angetroffen wird. Zwar trifft den Arbeitnehmer die Pflicht zum heilungsfördernden Verhalten. Der Arbeitgeber kann jedoch nicht verlangen, dass der Mitarbeiter sich während der Erkrankung ausschließlich in seiner Wohnung aufhält. also keine Spaziergänge unternimmt und notwendige Besorgungen und Einkäufe unterlässt. Der Arbeitnehmer dürfte sogar einen zuvor vom Arbeitgeber grundsätzlich erlaubten Nebenjob ausüben, so lange dieser den Heilungsprozess nicht verzögert. So wäre beispielsweise durchaus möglich, dass eine wegen einer gebrochenen Hand krankgeschriebene Schreibkraft am Abend ihrem Nebenjob als Babysitterin weiterhin nachgehen kann.